Keine Scheu vor Erster Hilfe

Wenn ein Unfall geschieht oder ein Mensch in eine gesundheitliche Notlage gerät, ist Erste Hilfe das Wichtigste. Wenige Minuten können darüber entscheiden, ob ein Mensch überlebt oder nicht oder bleibende Schäden hat. Doch häufig scheuen sich Menschen, Erste Hilfe zu leisten. Dabei gibt es dafür keinen Grund. Der Altdorfer Horst Maul (60) ist beim ASB Nürnberger Land e.V. als Erste Hilfe Ausbilder tätig. Er erklärt, warum Jeder Erste Hilfe kann.

Herr Maul, warum schrecken so viele Menschen davor zurück, Erste Hilfe zu leisten?

Horst Maul: Fast immer ist es die Angst, etwas falsch zu machen. Was ist, wenn ich den Verletzten noch mehr verletze? Wie geht die Herzdruckmassage? Und manche fürchten auch, für Fehler haften zu müssen.

Das ist irgendwie verständlich.

Aber es ist Quatsch. Jeder, der Erste Hilfe leistet oder es auch nur versucht, ist automatisch unfallversichert. Vielmehr kann man im Zweifel dafür belangt werden, wenn man nicht hilft. Es ist eine Bürger- und meiner Meinung nach auch eine moralische Pflicht.

Kann man denn etwas falsch machen, wenn man Erste Hilfe leistet?

In einer echten Notsituation kann man diese mit den gelernten Maßnahmen nur verbessern. Das einzig Falsche ist, nichts zu tun.

Wie lang sollte der letzte Erste-Hilfe-Kurs maximal zurückliegen?

Spätestens alle fünf Jahre sollte man die Kenntnisse schon auffrischen. Weil es im entscheidenden Moment einfach Sicherheit gibt, vor allem für einen selbst, z.B. im häuslichen Umfeld.

Das müssen Sie erklären.

Die meisten denken bei Erster Hilfe an Verkehrsunfälle. Dass Menschen zum Beispiel schwer verletzt sind und reanimiert werden müssen. Tatsächlich passieren die meisten Unfälle aber zuhause und auch die meisten Erkrankungen wie Herzstillstand oder Schlaganfall ereignen sich im häuslichen Umfeld. Erste Hilfe wird also am häufigsten zu Hause gebraucht - bei Bewusstlosigkeit, Atemnot, bei Blutungen.

Was muss ich denn da wissen?

Zum Beispiel, wie die stabile Seitenlage geht oder wie man einen Druckverband so anlegt, dass er hält, bis der Rettungsdienst oder der Arzt vor Ort ist. Und wie eine Herzdruckmassage funktioniert. Das ist alles kein Hexenwerk, das kann jeder lernen.

In Deutschland, so sagen Zahlen, leistet nur rund ein Drittel der Bevölkerung Erste Hilfe. Das ist keine gute Quote.

Das ist so, und das liegt natürlich daran, dass die Erste Hilfe Kurse oft schon lang zurückliegen und die Menschen vergessen haben, wie Helfen geht. Wenn der Ersthelfer z. B. vor Schreck vergisst den Notruf abzusetzen, weiß der Rettungsdienst nicht, dass etwas passiert ist. Dadurch geht wertvolle Zeit verloren, in der Leben gerettet werden könnten. Glücklicherweise haben heute die meisten Menschen ein Handy und müssen nicht mehr zu einer Notrufsäule oder einem Telefonhäuschen laufen. Damit können Unfallorte auch viel schneller lokalisiert werden und es geht nicht so viel wertvolle  Zeit verloren.

Man muss ja einen Erste Hilfe Kurs machen, um die Fahrerlaubnis zu bekommen. Wie erleben Sie die Teilnehmer? Interessiert? Oder ist es nur Pflicht?

Interessanterweise ist hier in den vergangenen Jahren ein deutlich höheres Interesse bei den jungen Menschen zu spüren, sie nehmen das schon sehr ernst und fragen auch viel nach. Das finde ich toll. Leider verläuft sich das im Laufe der Jahre. Man denkt dann nicht mehr dran.

Es ist bei der Ersten Hilfe also wie mit der Fahrerlaubnis selbst: Da sollte man im Grunde alle paar Jahre mal ein paar Stunden nehmen, einfach um sich selbst abzusichern, dass man noch alle Regeln parat hat?

Richtig. Aber wir meinen, was wir mal gelernt haben, sitzt. Aber das ist leider nicht so, wie man dann plötzlich in einer Ausnahmesituation feststellt.

Wie motivieren Sie die Teilnehmer in Ihren Kursen?

Ganz wichtig ist es, Ihnen die Angst vor Erster Hilfe zu nehmen. Wir sagen ihnen, dass sie nicht perfekt sein müssen, sondern dass sie sich einfach trauen sollen. Die Kurse wurden immer wieder inhaltlich überarbeitet und haben heute eine viel bessere Didaktik als früher. Zudem bringen wir sie auch zu den Menschen und erwarten nicht, dass sie zu uns kommen. Beispielsweise gehen wir in Firmen und Kindergärten und bilden dort das Personal aus. In Kooperation mit dem ASB Erlangen bieten wir in der gesamten Region vor Ort Erste Hilfe Kurse an, so dass niemand weit fahren muss. Mein Wunsch wäre es, dass wir noch mehr in Schulen ausbilden, um die Grundlagen der Sofortmaßnahmen und der erweiterten Erste Hilfe schon viel früher zu legen, und nicht erst beim Führerschein.

Ist es richtig, dass die Ausbildung heute auch kürzer ist?

Früher waren die Kurse zweitägig, heute sind es an einem Tag neun Einheiten à 45 Minuten. Das liegt daran, dass sich auch das Wissen weiterentwickelt hat. Vor ein paar Jahren musste man sich noch sieben Schritte für die stabile Seitenlage merken, heute sind es fünf. Und auch komplizierte Verbände muss niemand mehr lernen, es reicht die Notwendigkeit eines Druckverbandes zu verstehen und zu üben. Auch deshalb lohnt es sich eigentlich für Jeden, die Kenntnisse aufzufrischen.

Horst Maul, 60, ist ein ASB Urgestein. Er gründete vor über 40 Jahren die ehrenamtliche Rettungshundestaffel des ASB Nürnberger Land und den ASB Altdorf, der später unter das Dach des ASB Regionalverbandes Nürnberger Land schlüpfte. Seit 2021 ist er hauptamtlich beim Regionalverband Nürnberger Land e.V. für die Erste Hilfe Ausbildung zuständig.

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